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Briefe aus Paris (Fünfter bis Siebenter Brief)

Auszug

Das Frühlingswetter will doch noch nicht Bestand haben. Ein regnerischer Tag, grau der Himmel, trüber die immer trübe Seine; alle Steine auf den Straßen zum Hinfallen schmuzig. Man flüchtet sich in die Passagen, ins Palais-Royal. Die Passagen, die Lesekabinette sind Oerter, wo man sich Rendezvous gibt. Man ißt im Boeuf à la Mode, im grand Vatel, im Restaurant anglais. Very, Vefour, den Rocher de Cancale spart man sich noch auf, wenn ein schöner Tag, eine heitere Stimmung kommt.

Auf den Boulevards streifen die Flaneurs. Tausende von Fremden zeigen sich zum ersten Mal, wie sie sich in dem neuen pariser Costüme ausnehmen. Frauen, die uns verwirren würden, wenn sie so hübsch, wie elegant wären, treten auf uns zu: „ Pardon, vous êtes Monsieur Albert ?“ Der künstliche Irrthum zerrinnt in eine ironische Verlegenheit, die nur uns, nicht die sich doppelt irrende Dame irre macht. Dort rechts von Notre-Dame de Lorette , links hier von den bains chinois erzählt man uns mehr, als sich beim Nachforschen bestätigen möchte. Die Phantasie erfindet über Paris mehr, als die Stadt in Wirklichkeit darbietet. Ermüdet von den Wanderungen, ermüdet von diesem Prüfen, Aufnehmen, Beobachten, fühlt’ man, wie überspät doch in Paris gegessen wird, und tritt drüben ins Café Foy ein, um den Charivari zu lesen, Chocolade à la crème zu trinken. Die dame du Comptoir zeichnet mit wichtiger Miene den gezahlten Frank in ihr Hauptbuch ein. Wüßte man nicht, daß diese Frauen in gewissem Sinn eine doppelte Buchhaltung führen, man würde die Mode der dames du comptoir lächerlich finden.