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England und die Engländer

Auszug

Auszug aus Bd. 2: Drittes Buch. Uebersicht der aristokratischen und populairen Erziehung und des allgemeinen Einflusses der Moralität und Religion der Engländer. Dem Dr. Theol. Thomas Chalmers, Professor der Moral-Philosophie an der Universität von St. Andrew's gewidmet. - Sechstes Kapitel. Moralischer Zustand:

Wo ich mich nach dem Stand der Moral in diesem Lande umsehe, finde ich einen Mangel an Pflege der Moral-Wissenschaft. Tausend seichte und nüchterne Bemerkungen über jede vorkommende moralische Frage, werden von der Presse zum Vorschein gebracht und von der Gesetzgebung angehört. Man macht Gesetze, bildet Meinungen, und empfiehlt Institutionen auf den Grund der irrigsten Ansichten von der menschlichen Natur und der nothwendigen Geistesthätigkeiten. Es hat sich eine Kluft zwischen öffentlicher und Privat-Tugend gebildet; man hält sie für unabhängige Eigenschaften und jemand kann einen Mann einen schurkischen Staatsmann nennen und dabei versichern, "er meine jedoch seinen Privatkarakter nicht im mindesten herabzusetzen." Da wir Moral nur in äußeren Anstand setzen, haben wir eine gemeine und niedrige Richtschnur der Meinung unter uns aufkommen lassen; und die herabziehenden Gewohnheiten des kommerziellen Lebens werden keinesweges durch die geistigen und erhabenen Begriffe gehoben und gemildert, welche eine gehörig betriebene Philosophie immer durch ein Volk verbreitet.