Der Salon von H. Heine. Zweiter Theil
Auszug
Im Allgemeinen kann ich mich nicht mit dem Ernste über Salon II. aussprechen, welchen Heine wenigstens von der jungen Literatur dabei zu erwarten scheint. Heine hatte immer das Verdienst eines Tirailleurs, der plänkelnd im Vordertreffen steht und nur sich, keinesweges eine gewonnene oder verlorne Schlacht einsetzt. Heine arbeitete scherzend der Julirevolution vor: er arbeitet jetzt im Scherz dem großen Ernste vor, welcher sich mit der Revision der Offenbarung, und mit allen sozialen Fragen des Jahrhunderts beschäftigen wird. Für den Kampf selbst im Großen ist Heine nicht geeignet. Er ist dazu nicht massiv und systematisch genug. Sollte man es glauben! Heine hat Vorurtheile. Es gibt gewisse Dinge, für welche Heine, wenn auch nicht sterben, doch den Schnupfen haben könnte. Heine will die Hüter unsrer morschen Institutionen nur ärgern. Es macht ihm Spaß, die Geheimnisse fremder Überzeugungen zu profaniren; doch thut ihm wieder leid, was er thut. Er spricht in diesem Buche viel von der Kirche; aber er will nur Angst einjagen, er will nur den Triumph genießen, in einer christlichen Gemeinde die Lorgnette gebrauchen zu dürfen. Einen Hund in den Gottesdienst mit hineinzunehmen, würde er schon nicht wagen; noch weniger aber, einen neuen Glauben zu predigen. Denn müßte dieser nicht positiv sein? Das ist es, Heine hat Furcht vor dem, was noch nicht ist. Wie ihm das Beil der Republik Schrecken einflößt, so eine Religion, welche am Ende neue symbolische Bücher erfindet, die möglicher Weise in einem nicht so guten Styl geschrieben sein könnten, als die Bibel. Heine befindet sich bei unsern Zuständen, wie sie sind, ganz wohl. Er will nur hinter dem Spiegel stecken, als Schreck, als Drohung, mit der Geberde dessen, wie er sein könnte, wenn er wollte. Styl und Witz gedeihen bei dieser Indifferenz vortrefflich. Heine kann ohne Deutschland nicht fertig werden; er sehnt sich zurück nach unsern Dienstags- und Donnerstagsgerichten, nach unsrer dummen, aber feurigen Liebe, nach den Alsterpavillons und dem Bergedorfer Boten, und dieser Schmerz steht ihm schön. Dies ist ein Motiv, das sich bei einem so reichen Genius, wie Heine, zu Dantescher Erhabenheit steigern kann. Es wäre ein ganz neues Colorit seiner Poesie, die Sehnsucht nach Deutschland quand mème ! und müßte eine Consequenz werden dieses wunderbaren Menschen, die ihn den deutschen Herzen immer noch näher brächte.