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Der Hofrath Tieck

Auszug

Nachdem Göthe, mit Erlaubniß zu sagen, gestorben war, hatten sich seine Sklaven so an die Süßigkeit der Knechtschaft gewöhnt, daß sie ohne neue Tyrannei nicht leben konnten. Sie wollten ein sichtbares Oberhaupt der Literatur, und waren nur besorgt, welchen Namen sie auf den verlassenen Thron einsetzen sollten. Die Stimmen trennten sich, man wandte sich zuerst an Uhland. Uhland bereitete sich aber damals vor, die heilige Sache der Freiheit zu verfechten, und erklärte in seiner einsylbigen Manier, man solle keine Narrenspossen mit ihm treiben. So blieb man denn bei’m Hofrath Tieck stehen. Dieser Name schien die Parteien zu vereinigen und zugleich Alles auszudrücken, was die Mehrzahl auf dem Herzen hatte. Die kritische Schule widersprach nicht; denn sie hatte ihn immer gepflegt, sie hatte im Grunde seine erste Periode nur in die Sprache von Görres und Jean Paul übersetzt; Tieck hatte ihr als unfreiwilliges Gegengewicht gegen Göthe gedient; wie oft hatte sie ihn aufgefordert, ein Mann zu werden, die Larve abzunehmen und den Thron von Weimar zu stürzen! Tieck wankte damals einen Augenblick; doch der alte Zug war zu stark, er antichambrirte wieder bei der Unsterblichkeit, las ihr vor, und verkleinerte sich so sehr, daß er sich als Merkzeichen dabei in die Bücher hätte legen mögen, wenn er sein Pensum gemacht hatte. Die Enthusiasten Norddeutschlands lockten, die Ironie und Shakespeare entwickelten sich. Die kritische Schule bleibt bei Tieck’s erster Periode, die Vergötterung bei der zweiten stehen; so ließen sie sich vereinigen und die Herrschaft Tieck erreichte etwas, was der Herrschaft Göthe nie möglich gewesen war.