Die Feier der Enthüllung des Goethe-Denkmals in Frankfurt a. M.
Auszug
Als das Standbild Friedrich Schillers sich in Stuttgart erhob, mußte keine Stadt mehr als Frankfurt a. M. fühlen, welche Verpflichtung sie Johann Wolfgang Goethe abzutragen hatte. Hier war der große Dichter den 28. August 1749 geboren. Schon zu Goethe’s Lebzeiten regten sich hie und da Wünsche für eine monumentale Erinnerung an ihn, aber nach mancherlei selbst gehässigem Streit über diesen Plan mußte dem Takt des Lebenden eine solche dem Tode gehörende Huldigung unpassend erscheinen. Um so auffallender ist es, daß fast fünf Jahre verstrichen, ehe nach Goethe’s im Jahre 1832 wirklich erfolgtem Tode der früher fast vorschnelle Gedanke wieder aufgenommen wurde. Die politische Aufregung, welche nach der Julirevolution eintrat, mag davon die meiste Schuld getragen haben. Mehr als je wurde Goethe’s Verhältniß zu dem öffentlichen Leben seine Volks grade damals erörtert und in mißliebiger Weise dargestellt. Während die Gelehrten sich beeiferten, ihn durch Buch auf Buch, Commentar auf Commentar zu erläutern, blieb auffallenderweise der Massengeist hinter dieser Stimmung zurück und folgte sogar dem Urtheil einiger zelotischer Goethefeinde, die den Gedanken, Goethe wäre ein Aristokrat gewesen, in trivialer und fanatisch übertreibender Weise breit schlugen. Darüber kamen aber allmälig ruhigere Zeiten herauf, die politische Literatur fing an, sich mit den ästhetischen Ueberlieferungen zu vermitteln und mit dem Jahre 1837 trat endlich der Gedanke, auch Goethe ein Standbild zu errichten, siegreich ins Leben.