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Herr Heine und sein Schwabenspiegel

Auszug

Seit sechs Monaten kann ich nicht begreifen, wie man den im „Jahrbuch der Literatur“ abgedruckten Schwabenspiegel von Herrn Heine nicht eben so geistreich und witzig finden will, wie seine übrigen Schriften. Ich hielt immer die Methode seiner Polemik, wie er sie hier gegen die Schwäbischen Dichter in Anwendung brachte, für unwürdig der ernsten Bedeutung jenes Almanachs; aber wer konnte von Herrn Heine Wahrheit verlangen? Er giebt uns hier, wie immer, frivole Späße, witzige Einfälle, sentimentale Ausgänge, und ich begreife nicht, wie sich die gesammte Deutsche Kritik gegen diesen Schwabenspiegel förmlich verschwören konnte. Man schnitt allgemein Gustav Pfizern von dem Galgen ab, an welchen ihn Herr Heine, über eine ihn betreffende Kritik desselben entrüstet, umständlich gehängt hatte; ja es wundert mich, daß Niemand auf den Einfall gekommen ist, da Herrn Heines Bildniß die erste Seite des Jahrbuchs ziert und sein Schwabenspiegel die letzten, zu sagen: Dort hätte sich der berühmte Dichter von vorne, hier in seinem Wesen, scheußlich genug, von hinten gezeigt.

Ich kann aber wohl etwas Anderes begreifen. Herr Heine in Paris stürmt an den Posttägen in das Lesekabinet von Brockhaus und Avenarius und durchfliegt mit ängstlicher Neugier die eben angekommenen Deutschen Blätter. Er will wissen, um wie viel Prozent an der literarischen Börse seine flauen Aktien ausgeboten werden, und findet, daß man ihn, was mir unverzeihlich erscheint, fast gleichgültig behandelt, daß Namen, die vielleicht nicht werth sind, ihm die Schuhriemen aufzulösen, weit öfter genannt werden, als sein einst so gefeierter. Er steht einsam da in Paris; die biedre Ehrlichkeit der flüchtigen Deutschen verabscheut seine Gesinnungslosigkeit, die Heimath vergißt einen Autor, der seit sechs Jahren von der Muse verlassen scheint; so in seinem Unmuth greift er nun zu jenen jetzt beliebten Erklärungen und Verwahrungen und bricht in den neuesten Nummern der Zeitung für die elegante Welt mit einem Ingrimm aus, der um so komischer wirkt, als er nicht gegen seine Feinde, sondern gegen seine Freunde gerichtet ist.