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Schiller und Goethe. Einleitung zu literarischen Unterhaltungen

Auszug

Die Möglichkeit, daß noch einmal wieder Dichter auftauchen, die wenn auch nur auf einige Zeit in Deutschland so ergreifen und beschäftigen wie Schiller und Goethe oder wie noch jetzt etwa Humboldt die Naturwissenschaften, Liebig die Unterscheidung der Stoffe, Jakob Grimm die Sprachforschung beherrscht, eine solche Möglichkeit kann kein Deutscher, der die großen Entwickelungen seines Volkes und die Kraft der Schultern kennt, mit denen Einzelne unsers Stammes oft ganze Epochen trugen, in Abrede stellen wollen. Für den Augenblick aber stehen die goldenen großen olympischen Stühle leer.

Einige ältere Dichter leben noch. Immergrüne Kränze schmücken ihre greisen Schläfe. Arndt wirft noch manches kräftige, Tieck ist dem werdenden Geschlecht völlig abgewandt, sammelt nur und legt sich mit Behagen die schöne Vergangenheit zurecht. Uhland , der Dichter der Natur im Sonnenschein, reist wol noch durch deutsche Lande, aber mit dem beflissensten Incognito. Er forscht nach alten Volksliedern. Seine Bescheidenheit oder sein altschwäbisches Sichnichtgernbeengtfühlen entflieht, wo er nur kann, den nächtlichen Ständchen, die ihm wenigstens die Liederkränze noch bringen wollen. Diese Geister, die wir Aelteren jung verehrten, wie einsam stehen sie schon, wenn ein Berliner Kritiker in der Voß’schen Zeitung bei Gelegenheit einer Besprechung eines auf der dortigen Kunstausstellung befindlichen Gemäldes über Uhland’s Eberhard der Rauschebart vor der „Hauptstadt der deutschen Intelligenz“ neulich drucken lassen konnte: „ Wir haben diese Ballade leider nicht sogleich zur Hand. “ (Siehe Voß’sche Zeitung, Nr. 222.) Rückert endlich, der Kunstvollste der Poeten und auch zuweilen nur der goldenen Reimschmiede Einer, Rückert arbeitet gewiß, und wird uns wieder vom Parnaß die jetzt modegewordene sogenannte Hafisische Leierei durch gestähltere Damascenerpoesie, als solche, in der nichts wiederholt wird, als: Pereant die Bonzen! Vivat die Schenke! mit kräftiger Hand verjagen. Aber kein Einziger dieser Geister, selbst wenn sie in den Vordergrund träten, schwänge Scepter wie Schiller einst und Goethe.