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Theodor Mundt

Auszug

Mit Rahel, Bettina, mit dem Tod der Stieglitz u. s. w. erhielt auch Mundt eine plötzliche Metamorphose. Dem Unwillen, sich vom Bundestag zum „Jungen Deutschland“ gerechnet zu sehen, gab er einen nicht immer lobenswerthen Ausdruck; dadurch, daß er seine Zwangsgenossen angriff, wollte er beweisen, daß er nicht zu ihnen gehörte. Achtbar war die Sammlung zu populär wissenschaftlichen Aufgaben. Seine „Kunst der deutschen Prosa“ enthält viel Treffliches. Später litt er wie alle unter den Verfolgungen und Unterdrückungen der romantischen Regierungszeit bis 1848; angewiesen auf Selbsterwerb, ergriff er Themata, zu deren Lösung ihm zuweilen die Kraft, oft wol auch die Neigung fehlte. Beides ersetzte dann sein bei alledem stolzes Selbstgefühl durch eine trotzende, wenn auch immer nur lächelnde und lächelnde Erbitterung. Mundt lebte sich, gewiß auch von mancher Sorge heimgesucht, in eine Verachtung von Lob und Tadel hinein, die zuletzt fast cynisch wurde. Die immerhin merkwürdige Neuerung des „biographischen Romans“, die seine Gattin aufbrachte, ist eine Frucht dieser Stimmungen. Seine ursprüngliche wissenschaftliche Bildung verleugnete sich bei diesem Preisgeben höherer ästhetischer Anforderungen glücklicherweise keineswegs; er hat diesem Genre, soweit es von ihm und seiner Gattin cultivirt wurde, immer noch den Charakter einer gewissen Gründlichkeit bewahrt. Die Gewandtheit seiner Feder nahm dabei eher zu als ab. Seine Reiseberichte aus Italien sind mit einer in den Behauptungen oft erschreckenden Fertigkeit und in manchen Partieen mit einer nun sich schon ganz ungehindert gehen lassenden Erneuerung des ihm geistverwandten Thümmel geschrieben, oft aber auch sind sie von schlagendem Witz und durch die resolute, alles Unterhandeln mit dem Gegentheil seiner Anschauungen kurz abschneidende Sicherheit so lange unterhaltend, bis zuletzt denn doch die stete Ironie wieder dasjenige in Frage zu stellen scheint, was man von dem Berichterstatter eben glaubte mit Wärme vertheidigt und empfohlen zu sehen.