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Wolfgang Menzel und das "junge Deutschland"

Auszug

Es war an einem schönen Spätherbst-Nachmittage im November des Jahres 1831, als ich, von Berlin kommend, in die kleine, enge Klause des damals allgemein gefürchteten Kritikers, der kürzlich aus dem Leben geschieden, eintrat und von ihm mit brennender langer Pfeife als Mitarbeiter an seinem schweren Tagewerke, Bücher zu lesen, zu loben und zu tadeln, begrüßt wurde. Drei Jahre vertraulichster Beziehung folgten auf diesen Moment, der bei dem damals zwanzigjährigen literarischen Anfänger gewiß manchen Zug aus Mephisto’s Begrüßung des Schülers, Beiden unbewußt, reproducirt haben mag. Dann folgte eine Verfeindung, ein Bruch der grellsten Art, öffentlich geführter Federkrieg, in welchen sich sogar der hohe Bundestag, die Regierungen, die Criminal-Rechtspflege mischten. Es war wieder November, aber ein düsterer, wolkengrauer Regentag, als ich ins Gefängniß wandern mußte.

In Literatur-Geschichten wird das Alles erzählt und in der Regel hübsch falsch und vollständig einseitig. Nicht, daß nicht von billiger Einsicht etwas Uebermaß in der Menzelschen Polemik zugestanden würde (nur die Vilmarianer in der deutschen Literatur-Geschichtsschreibung müssen auch da ihrem Herrn und Meister, dem neuen Konrad von Marburg , bekanntem Ketzerrichter des Mittelalters, nachorakeln), die gerügte „Einseitigkeit“ liegt in dem Hervorheben der nicht ausreichend bekannten Motive des Streites. Wir haben, lese ich, drei Bände Denkwürdigkeiten von Wolfgang Menzel zu erwarten, die er hinterlassen. Da wird sich ja Alles aufklären oder - Gelegenheit finden, wenn man’s erlebt, in berichtigender Weise auf diese Motive zurückzukommen.