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Naturgeschichte der deutschen Kameele

Auszug

Ich erlaube mir, diesen naturhistorischen Gegenstand gründlich zu erschöpfen, einige Behauptungen Büffon’s stillschweigend zu berichtigen, und diese Race überhaupt in drei Gattungen einzutheilen , in die öffentlichen, die moralischen und die gesellschaftlichen Kameele.

Man kann zuerst von den öffentlichen nicht unerwähnt lassen, daß sie vorzugsweise verdienen, Dromedare genannt zu werden. Denn sie sind thätig, rührig und tragen mit einem Buckel mehr, als die gewöhnlichen mit zweien. Diese Gattung ist es ja vorzüglich, welche sich um das öffentliche Leben bekümmert, welche Ansprüche macht auf Staatsweisheit, auf tiefe Einsicht in den Kreislauf der Begebenheiten, auf die Beförderung der Wissenschaften, und ihres Gewerbes. Sie sind hier aber kühl und ohne Enthusiasmus. Große Gedanken belästigen sie, oder sind ihnen gänzlich unverständlich. Wo wir mit Rosenkränzen die Stirn umwinden, da erscheinen sie mit der Nachtmütze. Wenn wir vom Geist des Jahrhunderts sprechen und den Hoffnungen der Menschheit, so behaupten sie, daß Alles in der Welt von Glas sei, namentlich die Vorhängekasten ihrer Boutiquen, und daß das so viel Geld koste. Die öffentlichen Kameele handeln von Geburt aus schon mit Quincaillerien . O ja, sie treten auch in die Bürgergarde, aber sie haben immer Abhaltungen. Parthei machen können sie nun gar nicht, weil sie die Eitelkeit besitzen, Alles besser machen zu wollen. Wenn einer ihrer Nachbarn ein freies Wort führt, so kramen sie gleich aus, was der schon alles gemacht hätte! Und der hätte gut reden! Und dessen Schwestersohn sei zwar nicht angestellt, aber sein Schwager sei schon einmal nahe daran gewesen, angestellt zu werden. Ach! wir kennen diese Kameele! sie fühlen die Unheimlichkeit, nach Europa versetzt zu sein, und würden mit Freuden in die große Wüste Sahara zurückkehren, und in Mekka die rechtgläubige Kaaba küssen. In den Wissenschaften nehmen sie sich eben so blödsinnig. Keine neue Entdeckung kömmt ihnen recht. Wenn sich das Genie einen eignen Weg bahnt und alte Irrthümer an den Pranger der Kritik stellt, so lärmen sie in ihren Karavansereien, in den Literaturzeitungen. Sie haben einen eignen Abscheu vor Wärme und Licht, und ärgern sich, daß andere Leute das Wasser nicht so lange kalt im Leibe behalten, wie sie, und wie die Schwaben den rosafarbnen Neckarwein. An seinem Unglauben ist jedes wissenschaftliche Kameel erkennbar. Als neulich der Elephant der Mad. Tourniaire in Zeitungen ausgeboten wurde bei lebendigem Leibe an naturwissenschaftliche Museumsvorsteher und sonstige Liebhaber, da hat gewiß manches Kameel von Professor still bei sich gedacht: ob das wohl auch ein ächter Elephant wäre! Wahrlich, dieser Zweifel charakterisirt vollkommen die erste Klasse, welche wir vorzugsweise Dromedare genannt haben.